
Sake ist längst nicht mehr nur das Nationalgetränk Japans, sondern erfreut sich auch in Europa wachsender Beliebtheit. Doch viele Konsumenten wissen wenig über Herstellung, Geschmack und Kultur. Wir haben Dr. Bastian Schwithal, ausgewiesener Sake-Experte, gebeten, Fragen von Kundinnen und Kunden zu beantworten.
A. K.: „Ich habe gehört, dass Sake ein Reiswein ist. Stimmt das eigentlich?“
Dr. Schwithal: „Reiswein“ ist ein umgangssprachlicher, aber technisch ungenauer Begriff. Fachlich korrekter wäre: Sake ist ein alkoholisches
Getränk aus Reis – mit einer Herstellung, die dem Bier nähersteht, aber einem Genussprofil, das oft an Wein erinnert.
Der Grund: Beim Wein entsteht der Alkohol durch die Gärung von Zucker, der bereits in den Trauben vorhanden ist. Reis enthält keinen Zucker, sondern Stärke. Diese muss zunächst in Zucker umgewandelt werden – mithilfe des sogenannten Koji-Schimmels. Erst danach setzt die alkoholische Gärung ein.
L. M.: „Muss man Sake immer warm trinken?“
Dr. Schwithal: Nein, das ist ein Klischee. Viele hochwertige Sake-Sorten zeigen ihre feinen Aromen am besten gekühlt bei 8–12 Grad. Wärmer serviert man eher rustikale oder traditionelle Varianten, die durch die Temperatur runder und weicher werden. In Japan gibt es sogar eine regelrechte „Temperatur-Kultur“ mit mehr als zehn feinen Abstufungen zwischen kalt und heiß.
M. S.: „Welcher Sake passt am besten zum Essen?“
Dr. Schwithal: Das hängt stark vom Gericht ab. Leichtere, fruchtige Sake wie ein „Ginjo“ harmonieren wunderbar mit Sushi oder leichten Vorspeisen. Kräftigere Sorten, etwa „Junmai“, passen hingegen hervorragend zu Fleischgerichten oder herzhaften Speisen wie Käse. Generell gilt: Je aromatischer und komplexer das Essen, desto strukturreicher sollte auch der Sake sein.
J. B.: „Woran erkenne ich guten Sake, wenn ich im Laden davorstehe?“
Dr. Schwithal: Ein erster Anhaltspunkt ist die Kategorie auf dem Etikett: Begriffe wie „Ginjo“ oder „Daiginjo“ deuten auf einen hohen Poliergrad des Reises hin, was oft zu eleganteren Aromen führt. Der Begriff „Junami" weist Sake aus der ausschließlich mit Wasser, Reis,
Hefe und Koji gebraut wurde. Wichtig ist auch die Frische – Sake sollte möglichst nicht zu lange gelagert werden, außer er ist ausdrücklich als gereift gekennzeichnet. Auch beim Sake gilt „Probieren geht über Studieren".
S.S.: „Wie lange hält eine geöffnete Flasche?“
Dr. Schwithal: Am besten sollte man eine Flasche innerhalb weniger Tage genießen. Geöffneter Sake oxidiert ähnlich wie Wein und verliert schnell
seine Frische. Kühlung im Kühlschrank ist Pflicht. Ein Tipp: Kaufen Sie kleinere Flaschen, wenn Sie allein trinken möchten.
C.K.: „Welche Rolle spielt Sake in der japanischen Kultur?“
Dr. Schwithal: Eine sehr große. Sake ist nicht nur Genussmittel, sondern auch Bestandteil religiöser Rituale im Shintoismus. Bei Hochzeiten, Festivals oder Zeremonien wird er traditionell gereicht. Wer Sake trinkt, nimmt also immer auch ein Stück Kulturgeschichte in die Hand.
P.M.: „Wird Sake wie Wein nach Jahrgängen unterschieden?“
Dr. Schwithal: In der Regel nicht. Die meisten Sake sollen jung und frisch genossen werden. Es gibt jedoch „Koshu“, also gereifte Sake, die
bewusst länger lagern und dadurch eine tiefere, nussigere Aromatik entwickeln.
J.C.: „Gibt es Regeln, aus welchen Gläsern man Sake trinken sollte?“
Dr. Schwithal: Traditionell wird Sake aus kleinen Keramik- oder Holzbechern getrunken. Heute setzen viele Kenner aber auch Weingläser ein, besonders bei aromatischen Ginjo- oder Daiginjo-Sorten. Die größere Glasfläche betont die Duftnuancen.
S.K.: „Wie hoch ist der Alkoholgehalt von Sake?“
Dr. Schwithal: Klassischerweise liegt er zwischen 14 und 16 Prozent. Manche Sorten werden unverdünnt abgefüllt („Genshu“) und erreichen bis zu 20 Prozent.
N.D.: „Wie verbreitet ist Sake eigentlich in Europa?“
Dr. Schwithal: Noch ist der Markt relativ klein, wächst aber stetig. Vor allem in Großbritannien, Frankreich und Deutschland nimmt das Interesse stark zu. Immer mehr Restaurants führen eine eigene Sake-Karte.
P.M.: „Kann man Sake auch zum Kochen verwenden?“
Dr. Schwithal: Ja, unbedingt. In Japan ist Kochsake ein fester Bestandteil der Küche. Er gibt Saucen Tiefe, macht Fleisch zart und verstärkt Umami-Aromen. Man sollte aber nicht den teuersten Ginjo verwenden, sondern einfache Qualitäten.
L.M.: „Welche Fehler sollte man beim Genuss vermeiden?“
Dr. Schwithal: Sake zu lange ungekühlt aufzubewahren, zu schnell zu trinken oder ihn ausschließlich mit Sushi in Verbindung zu bringen. Viel schöner ist es, Sake wie Wein bewusst zu verkosten, kleine Schlucke zu nehmen und verschiedene Speisen auszuprobieren.
M.M.: „Wie wichtig ist das Wasser bei der Herstellung?“
Dr. Schwithal: Wasser macht über 80 Prozent des fertigen Sakes aus. Weiches Wasser sorgt meist für mildere, rundere Aromen, während mineralreiches
Wasser den Charakter eher kräftiger und strukturierter macht.
Dr. Bastian Schwithal ist Gründer von Go-Sake, Sake Botschafter 2025 und als Sake Experte in Europa unterwegs.
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Mei Watanabe
Head of Communications
Go-Sake